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Wespennest Nr.184
Wespennest Nr.184

Zerbrechende (Un-)Ordnungen

Die Rede vom Krug, der so lange zum Brunnen geht, bis er bricht, ist alt und ewig wahr. Nicht vorhersehbar ist, wie lange eine Struktur halten wird, aber irgendwann geraten notwendig und nur scheinbar plötzlich die Dinge aus den Fugen. Mit diesem Schwerpunkt fängt wespennest das herrschende Zeitgefühl des Umbruchs ein und fragt weiter: Kommt die Globalisierung an ihr Ende? Kehrt der Staatsinterventionismus zurück? Ist die fossile Ordnung wirklich von gestern, wie funktionieren tipping points und wann werden aus Kassandrarufen echte Botschaften? Es wird aber auch, ganz allgemein, ums Ordnen, Umordnen und Aufräumen gehen, um Reparaturtechniken der Literatur etwa, um Kontrollverluste und die Transformation von Traditionen.

Brechen kann nur Hartes, Verfestigtes, das, was sich nicht beugen will oder kann. So schlau die buddhistischen Lehren vom biegsamen Grashalm sind und von der Flexibilität als Strategie des Überlebens: Das Gute am Festen und Starren ist, dass es zerbrechen kann. Wenn dieses Heft erscheint, will das Wort „Zeitenwende“ vermutlich niemand mehr hören. Tatsache ist aber: Kein Stein bleibt auf dem anderen. Wir müssen umdenken. Welche der alten Regeln gelten noch, und aus welchem Chaos formen sich neue Strukturen?

Das Zerbrechen von (Un-)Ordnungen zieht sich auch durch die Prosa und Dichtung außerhalb des Schwerpunkts: Variantenreich und existenziell in der Anfangspassage aus Sabine Grubers neuem Roman, als Spiel mit biografischen Eckdaten bei Andreas Lehmann, in mehrfachen Gegenbewegungen bei Hugo Kurt oder als sprachlich gewitzte Vermessung in den Gedichten von Valérie Rouzeau.

Der Buchbesprechungsteil reitet u.a. mit Montaigne durch Europa, beforscht die kontingenten Seiten künstlerischen Exerzitiums und würdigt die zeichnerische Umsetzung von Virginie Despentes’ Vernon Subutex durch Luz, den früheren Karikaturisten von Charlie Hebdo.


Wespennest Aktuelles
|09.05.2023| Terminaviso: Heftpräsentation

Zerbrechende (Un-)Ordnungen. Ein Gespräch über autoritäre Tendenzen, einen neuen Staatskompromiss und den Sinn ritueller Handlungen

Mit Meinhard Rauchensteiner und Birgit Sauer. Moderation: Andrea Roedig

Eine Veranstaltung in der Reihe "Literatur als Zeit-Schrift"

Dienstag, 9. Mai 2023 um 19:00

Alte Schmiede Schönlaterngasse 9, 1010 Wien

Alle aktuellen Informationen zur Veranstaltung erhalten Sie unter www.alte-schmiede.at


Der literaturhistorische Blick zurück mag der in einen Zerrspiegel sein. Und doch macht er gesellschaftliche Verhaltensweisen im Krisenfall sichtbar, dessen Symptome auf einen Nenner gebracht werden können: kapitalistische Produktion – brennen, bis nichts mehr bleibt. Ein Gegenentwurf, findet Florian Baranyi, müsste auf einen Stoff setzen, der sich nicht vernutzen lässt.

|02.04.2023| wespennest auf der Leipziger Buchmesse, 27.-30. April 2023

Besucherinnen und Besucher der Leipziger Buchmesse aufgepasst!

Die Verantwortlichen für den Auftritt Österreichs als Gastland des Jahres 2023 haben bei Autorinnen und Autoren nachgefragt und in der Formel „meaoiswiamia“ zum Gastland-Claim gefunden. Für Literaturzeitschriften ist das ein Glücksfall, zählt es doch zu deren Kernaufgaben, auf je eigene Weise ein „Wir“ zu behaupten und es von einem eigensinnigen und kritischen Standpunkt aus zugleich zu unterlaufen.

Kommen Sie an den Österreich-Stand in Halle 4 D201 und überzeugen Sie sich von der Aktualität und Lebendigkeit, mit der österreichische Literaturzeitschriften dabei zu Werke gehen. Als besonderes Gastlandgeschenk wurden für Sie dort die aktuellen Ausgaben der wichtigsten literarischen Zeitschriften des Landes zu Paketen geschnürt. Auch wespennest 183 ist darunter!

Persönlich treffen Sie wespennest in Halle 5 am Stand D408, wo wir uns gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Sonderzahl-Verlags auf Ihren Besuch freuen!

Mit frei verfügbaren Übersetzungsprogrammen lassen sich selbst komplexe Satzkonstruktionen beeindruckend – oder erschreckend – gut übertragen. Thomas Eder konfrontiert eine viel gelobte Software mit einem „Holzwegsatz“ des US-amerikanischen Linguisten Thomas Bever und zeigt gewitzt ihre Grenzen auf. Hat die humane Textproduktion also doch eine Zukunft?

Am 13. April 2022 verstarb die italienische Fotografin Letizia Battaglia, die als Chronistin der sizilianischen Mafia unser Bild von der Cosa Nostra geprägt hat – inszeniert als Szenen eines Stücks mit klar umrissenen Rollen. Florian Baranyi rückt der Theatermetapher in Zeiten von Krieg auf den Leib.

Die Welt ist eine andere geworden – und dreht sich doch weiter. Während Russland den Krieg gegen die Ukraine unentwegt anfacht und viele Menschen auf der Suche nach einem sicheren Ort ihre Städte und Dörfer verlassen, gehen wir hier unbeirrt unserem Alltag nach. Ist das zulässig? Und kann die Beschäftigung mit Literatur etwas zum Verständnis der Situation beitragen? Lukas Meschik ringt mit einem bekannten Diktum Thomas Bernhards.

Wespennest Zeitschrift
Heft 183 |w183| Das Bedürfnis, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden, scheint ein ethisches Gebot zu sein. Was aber, wenn man Fakt und Fiktion nicht so leicht unterscheiden kann?
Heft 182 |w182| Unzählig sind die Versuche, den Zufall zu lenken, denn als Schicksal etwa ist er zutiefst ungerecht. Für die Kunst jedoch bleibt er unerschöpfliche Quelle der Inspiration.
Heft 181 |w181| Verzicht – das klingt nach Entbehrung und Krisenjahren. Doch solange wir es uns leisten können, auf etwas zu verzichten, ist die große Katastrophe noch nicht eingetreten.
Wespennest Vorschau
wespennest 185
Über Tiere
Preis: EUR 14.00;
erscheint am 07.11.2023

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